Vitam nobiscum dividit somnus
„Der Schlaf teilt das Leben mit uns“, könnte man den römischen Philosophen Seneca in etwa übersetzen. Tatsächlich ist eine hinlänglich lange Pause für die Gesundheit von Körper und Geist unabdingbar. Während des Schlafs regeneriert sich der Organismus und im Gehirn werden unbedeutende Gedächtnisinhalte gelöscht. Es gibt nur wenige Lebewesen, die ohne Schlaf auskommen. Als Paradebeispiel wird oft der Delphin ins Feld geführt. Doch dieses Säugetier trickst ein bisschen: Es hält abwechselnd immer nur eine Gehirnhälfte wach, gönnt der anderen jedoch die begehrte Auszeit. Ein solcher Halbseitenschlaf macht uns glauben, der Delphin würde immerzu wach bleiben. Heute weiß man, dass selbst Quallen und sogar Schwämme typische Merkmale des Schlafs zeigen. Dazu gehört vor allem die so genannte zirkadiane Rhythmik ihrer Körperaktivitäten.
Biologische Stechuhr
Ein gutes Drittel seines Lebens verschläft der Mensch. Glücklicherweise passiert das nicht „am Stück“. Zuviel Interessantes würde unsereins sonst verpassen. Der Schlaf unterliegt einem 24 Stundenintervall – dem erwähnten zirkadianen Rhythmus. Entwicklungsgeschichtlich ist letzterer der Dauer einer Erdumdrehung geschuldet und hat den Tag und die Nacht als Etappen von Aktivität bzw. Ruhe auserkoren. Taktgeber ist dabei das Licht. Wird es morgens hell, kräht der Hahn, und die meisten Tiere erwachen. Setzt des Abends die Dunkelheit ein, beginnt das große Gähnen und fast alle werden müde. Mutter Natur hat eine verlässliche Stechuhr für diese Periodizität installiert: Sie basiert auf dem körpereigenen Hormon Melatonin. Dieses wird ausschließlich während der Dunkelheit produziert und dient als Anschalter für den Schlaf. Produktionsort ist die erbsengroße Epiphyse, die tief im Inneren des Gehirns liegt. Licht unterdrückt die Melatonin-Produktion. Deswegen steht der Schlafschalter im Hellen auf „Aus“. Mit dem Aufgang der Sonne erwacht der Organismus also wieder zu neuem Leben.
Taktlosigkeiten
Heutzutage kann der normale Tag- Nacht-Rhythmus des Lebens erheblich aus dem Takt geraten. Schichtarbeit, Homeoffice am PC bis spät in die Abendstunden, künstliches Licht in der Großstadt und die Urlaubsreise in andere Zeitzonen machen die Nacht sprichwörtlich zum Tag. Es bleibt hell und Melatonin ist daher nicht mehr in ausreichendem Maße verfügbar. Um den gesunden Nachtschlaf steht es dann schlecht …
Riskantes Alter
Ein zusätzliches Handicap ist das Lebensalter. Neugeborene bilden kaum Melatonin. Ihre Schlaf- und Wachphasen werden durch den Nahrungsbedarf gesteuert. Etwa im Alter von drei Jahren sind die Melatonin-Konzentrationen dann am höchsten. Sie bleiben bis zur Pubertät relativ konstant und nehmen später wieder ab. Dennoch schnellt der Blutspiegel des Hormons auch bei jungen Erwachsenen nachts auf 800–1000 Prozent des Tageswertes an. Erst im Seniorenalter verfügt man nachts nur noch über knapp das Doppelte seines Tages-Melatoninspiegels und leidet daher oft an Einschlafstörungen und zu frühem Aufwachen.
Kommentare (0)
Die mit einem Stern (*) markierten Felder sind Pflichtfelder.